CDU Textbaustein für Glyphosat

Montag, 13. März 2017 - 22:31

Die CDU hat ein “CRM-Team”, kann also “Customer Relations Management”. How exiting. Und wenn Fragen nach Glyphosat kommen, zieht das CRM-Team die folgende Standardantwort (der Bayer und Monsanto vermutlich nicht widersprechen werden) aus dem Textbausteinkasten:

Haben Sie vielen Dank für Ihr Schreiben an die CDU Deutschlands. Aufgrund der Vielzahl an Anfragen war es leider nicht möglich gewesen früher zu antworten. Daher bitte ich Sie vielmals um Entschuldigung.

Gestatten Sie mir einige Anmerkungen niederzuschreiben.

„Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion sind Forderungen nach einem Stopp des Zulassungsverfahrens für Glyphosat wissenschaftlich völlig unbegründet und reine Panikmache. Keine deutsche Bewertungsbehörde hat sich für ein Verbot von Glyphosat ausgesprochen. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), das Julius-Kühn-Institut, das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) und auch das Umweltbundesamt haben die Zulassungsverlängerung für Glyphosat als vertretbar bewertet. Dem ist auch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) gefolgt, ebenso wie die Bewertungsbehörden der übrigen 28 Mitgliedstaaten.

Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist es eine Frage politischer Berechenbarkeit und auch Rechtstaatlichkeit, dass auf dieser fundierten wissenschaftlichen Grundlage eine weitere Zulassung nicht versagt werden darf. Gesundheitlicher Verbraucherschutz und Umweltschutz dürfen nicht zum Spielfeld politischer Interessen werden, wie sie etwa die Grünen mit ihren völlig grundlosen Warnungen vor Glyphosat in der Muttermilch betrieben haben. Die Fraktion begrüßt es sehr, dass das BfR auf Grund fundierter Tests die unverantwortliche Beunruhigung Tausender stillender Mütter sauber widerlegt hat.

Zahlreiche Bewertungsbehörden weltweit sind zu dem Schluss gekommen, dass Glyphosat unter realistischen Anwendungsbedingungen nicht krebserregend ist. In diese Bewertung ist auch der Bericht der International Agency for Research of Cancer (IARC) eingeflossen, die Glyphosat 2015 als „vermutlich krebserregend“ eingestuft hat. In die gleiche Kategorie sind auch Mate-Tee, Schichtarbeit, Arbeit in Friseurgeschäften und rotes Fleisch eingestuft. Schon diese Zusammenstellung macht deutlich, dass eine IARC-Einstufung allein kein Grund für ein Verbot sein kann.

Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in Lebensmitteln sind nur in ganz engen Grenzen zugelassen, bei denen absolut sichergestellt ist, dass kein gesundheitlicher Schaden entstehen kann. Dies gilt auch für die Nachweise von Glyphosat in Bier: So muss ein Verbraucher nach Angaben des Bundesinstituts für Risikobewertung etwa 1000 Liter am Tag trinken, bevor überhaupt gesundheitliche Effekte auftreten könnten.

Glyphosat ist für seine Anwendungsgebiete der am besten untersuchte Wirkstoff mit den geringsten Nebenwirkungen für Mensch, Tier und Umwelt. Deshalb spricht sich die CDU/CSU-Bundestagsfraktion für eine Verlängerung der Zulassung des Wirkstoffs Glyphosat im Rahmen der jetzt schon geltenden strengen Anwendungsbedingungen aus.“

Am 8. März 2016 wurde der Ständige EU-Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel (SCoPAFF) über die Zulassungsverlängerung des Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffs Glyphosat abgestimmt. Die Überprüfung der Genehmigung des Pflanzenschutzmittelwirkstoffs Glyphosat erfolgt routinemäßig gemäß der EU-Gesetzgebung. Danach ist ein Wirkstoff zu genehmigen, wenn aufgrund des wissenschaftlichen und technischen Kenntnisstandes zu erwarten ist, dass er bei realistischen Verwendungsbedingungen keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen und Tieren und auf das Grundwasser und keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt hat.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit dieser Ausführung weiterhelfen konnte und wünsche Ihnen alles Gute!

Mit freundlichen Grüßen

[...]

CRM-Team

Bürgerservice der CDU-Bundesgeschäftsstelle

Ich selbst kann zu Glyphosat wenig sagen, weil ich mich damit nicht wissenschaftlich befasst habe. Hier geht es aber darum, wie die CDU Fragen zu dem Thema beantwortet, die in diesem Fall eine besorgte Dame an die CDU gerichtet hatte. Vermutlich meint das CRM-Team diese Antwort tatsächlich ernst. Und schwupps hat die CDU eine Wählerin weniger, die sie zuvor jahrzehntelang gewählt hatte.

Zu “Zahlreiche Bewertungsbehörden weltweit sind zu dem Schluss gekommen, dass Glyphosat unter realistischen Anwendungsbedingungen nicht krebserregend ist. … Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in Lebensmitteln sind nur in ganz engen Grenzen zugelassen, bei denen absolut sichergestellt ist, dass kein gesundheitlicher Schaden entstehen kann.” Das ist Unsinn. “Absolut” geht gar nicht, und ich würde das auch gar nicht verlangen.

Und zu “realistischen Anwendungsbedingungen” und “zugelassen” fällt mir ein Landwirt ein, der Glyphosat verwendet und mir erzählte, dass er sich strengere Kontrollen bei der Ausbringung von Glyphosat und anderem Zeug wünscht. Wirklich. Bei unsachgemäßer Anwendung sei Glyphosat schädlich. Wenn nur er alleine sich an die Regeln hielte, dann sei er der Dumme. Die Antworttextverwender der CDU gehen eben einfach mal davon aus, dass alles vorschriftsmäßig läuft. Nicht, das sie keine Ahnung hätten. Aber sie wollen keine Ahnung haben, was bei uns angesichts des gewohnten rechtstaatlichen Aufsichtsversagen tatsächlich los ist.


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