Dalís Betrachterbeklöppelung

Sonntag, 15. September 2013 - 13:00

Beim Betrachten von Bildern haben wir die Wahl, was wir sehen wollen. Das gilt auch für Salvatore Dalís mit der “paranoisch-kritische Methode” im Jahr 1958 variierte “Spitzenklöpplerin” von Johannes Vermeer. Dalí schreibt dazu über Rhinozeroshörner, logarithmische Spiralen usw. Der Betrachter hat nun die Wahl, sich tiefernst veralbern zu lassen oder Dalís mit Beschuss duch Nägel entstandene und mit der Kaltnadel nachbearbeiteten Radierung einfach einmal spiegelverkehrt zu betrachten. (Das sollte man auch bei anderen Künstlern öfters machen.) Darum habe ich Dalís “Spitzenklöpplerin” (auf der rechten Seite) einfach einmal seitenverkehrt widergegeben. Hat das bisher denn wirklich noch niemand gamacht?

Heute (2013-09-15) wird in Bayern nicht nur die CSU wiedergewählt, sondern es ist leider auch der letzte Tag einer sehr sehenswerten Dalí-Ausstellung im Münchener Künstlerhaus am Stachus. Schmelzende Uhren gibt es da auch, aber sie sind in der Minderheit. Unter den von Richard H. Mayer (Kunstgalerie Böttingerhaus Bamberg) bereitgestellten Objekten fand ich auch diese “Spitzenklöpplerin”. Der kleine und hübsche Katalog reicht Dalís Nonsens-Kommentar ganz ernsthaft an den Ausstellungsbesucher durch, ohne die Seitenverkehrung zu verraten. Bei einer Radierung muss sich der Künstler ja auch nicht allzusehr anstrengen, um eine Vorlage zu spiegeln.

(Unter der ISBN 978-3-00-042685-8 finde ich den Katalog im Augenblick noch nicht.)


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