Kategorie 'Oben und Unten'

Erziehungpaket

Dienstag, 19. April 2011 - 08:18

 


 

Kinder sind unsere Hoffnungsträger. In der Berichterstattung über die “Erziehungshilfe” werden die lächerlich kleinen Beträge, mit diese Kinder beglückt werden sollen, nur selten genannt. Der Aufwand für ihre Verteilung ist enorm. Ursula von der Leyen hat etwas zum Vorzeigen, und unserer Elite braucht viele Arme. Dann bleibt ihr genug Geld für den Lebensgenuss und die dazu erforderliche Wahlfreiheit.

Da sich aber zu viele Eltern nicht auf das Erziehungspaket stürzen, läuft die Sache wohl etwas anders, als sich die Ministerin das vorgestellt hat. Oder? Denn vielleicht ist sie genialer, als wir denken. Wir brauchen die gute Tat. Sie muss gut aussehen ohne jedoch viel Geld dafür ausgeben zu müssen. Wirklich funktionieren darf sie nicht, denn gerade arme und unwissende Menschen sind Hoffnungsträger:

… in einem freien Volke, wo die Sklaverei verboten ist, [besteht] der sicherste Reichtum in einer großen Menge schwer arbeitender Armer. Denn … ohne sie [würde] es keinen Lebensgenuss geben, und kein Erzeugnis irgendeines Landes hätte mehr einen Wert. Um die Gesellschaft glücklich und die Leute selbst unter den niedrigsten Verhältnissen zufrieden zu machen, ist es notwendig, dass ein beträchtlicher Teil davon sowohl unwissend wie auch arm sei. Kenntnisse vergrößern und vervielfachen unsere Bedürfnisse, und je weniger Dinge ein Mensch begehrt, um so leichter kann er zufriedengestellt werden.

… in a free Nation where Slaves are not allow’d of, the surest Wealth consists in a Multitude of laborious Poor; for besides that they are the never-failing Nursery of Fleets and Armies, without them there could be no Enjoyment, and no Product of any Country could be valuable. To make the Society happy and People easy under the meanest Circumstances, it is requisite that great Numbers of them should be Ignorant as well as Poor. Knowledge both enlarges and multiplies our Desires, and the fewer things a Man wishes for, the more easily his Necessities may be supply’d.

Bernard de Mandeville, 1714

Noch eine persönliche Anmerkung: Ich gehe vielleicht alle 3 Monate zum Frisör (Winter: 12mm, Sommer: 6mm). Kürzlich erzählte mir die Frisörin, dass ein “Schlipsträger” aus dem benachbarten Industriepark zu ihr sagte, dass er für ihr Gehalt morgens nicht einmal aufstehen würde. Ich glaube, dass wir inzwischen wirklich ganz andere Erziehungspakete nötig haben, als das der Ursula von der Leyen.

Gegenangriff – Wirtschaft im Fadenkreuz der Kunst

Samstag, 2. April 2011 - 00:15

http://www.arte.tv/de/Kultur-entdecken/3795394.html:

4-teilige Dokureihe – jeden Sonntag im April

Die Wirtschaftskrise hat nicht nur die fundamentale Bedeutung der Ökonomie für unser Leben ins gesellschaftliche Bewusstsein geholt, sondern auch deutlich gemacht, dass die Wirtschaftswissenschaft nicht alle Fragen beantworten kann. Wo das Wissen der Wirtschaftsexperten erschöpft ist, entsteht ein Bedarf an neuen Perspektiven. In Zeiten der Krise sind Visionen gefragt. Visionen finden sich in der Kunst. Heute sind auch Künstler mehr denn je mit den Gesetzen des globalen Marktes konfrontiert, und viele setzen sich in ihrem Werk mit Themen der Wirtschaft auseinander. Sie wissen: It´s the economy, artist!

Die Filme der Reihe “Gegenangriff – Wirtschaft im Fadenkreuz der Kunst” präsentieren jeweils ein Werk oder eine Werkreihe eines herausragenden Künstlers, das mit besonderen künstlerischen Mitteln die komplexen Phänomene der Wirtschaft im 21. Jahrhundert auslotet, und auf diese Weise zu den stillschweigenden Annahmen vordringt, aus denen das Wirtschaftsgeschehen seine Kraft bezieht.

Im Mittelpunkt stehen herausragende Künstler der Gegenwart – überwiegend aus Europa – deren Werke eine neue und erhellende Sicht auf Themen der Wirtschaft eröffnen. Damit wird eine künstlerische Strömung sichtbar gemacht, die auf die fundamentale Rolle der Wirtschaft reagiert, sie darstellt und hinterfragt.

Themen:

  1. Geld
  2. Spekulation
  3. Konsum
  4. Ungleichheit

 
Siehe auch:

Ungleichverteilungskoeffizientenwahl

Mittwoch, 30. März 2011 - 18:54

Zwischen maximaler Kapitalkonzentration und Gleichverteilung gibt es verschiedene Grade von Ungleichverteilung. Für Einkommen (z.B. A1 Leute verdienen E1 €, A2 Leute verdienen E2 €, A3 Leute verdienen E3 € usw.), Vermögen usw. kann man Ungleichverteilungsmaße (Z und R) in verschiedenen Weisen berechnen.

Atkinson
inequality
ZAtkinson = 1-ZMacRae[1] ≥ 1-exp(Σi=1..N(Ei*ln(Ai/Ei))/Etotal)*Etotal/Atotal
nosniktA
inequality
ZnosniktA ≥ 1-exp(Σi=1..N(Ai*ln(Ei/Ai))/Atotal)*Atotal/Etotal
Theil-T
redundancy
RTheil = -ln(1-ZAtkinson) = -ln(ZMacRae)
≥ ln(Atotal/Etotal) – Σi=1..N(Ei*ln(Ai/Ei))/Etotal
Theil-L
redundancy
RliehT = -ln(1-ZnosniktA)
≥ ln(Etotal/Atotal) – Σi=1..N(Ai*ln(Ei/Ai))/Atotal
Theil-S
redundancy  

Symmetric
redundancy

 

Rsym = -ln(1-Zsym) = 2*ZPlato*artanh(ZPlato)
= (RTheil(E|A)+RTheil(A|E))/2 = (RTheil+RliehT)/2
≥ Σi=1..N(ln(Ei/Ai)*(Ei/Etotal-Ai/Atotal))/2
Symmetric
inequality
Zsym = 1-exp(-Rsym) = 1-√((1-ZAtkinson)*(1-ZnosniktA))
≥ 1-exp(Σi=1..N(ln(Ai/Ei)*(Ei/Etotal-Ai/Atotal))/2)
Hoover
inequality
ZHoover ≥ Σi=1..N|Ei/Etotal-Ai/Atotal|/2
Coulter
inequality
ZCoulter ≥ √(Σi=1..N(Ei/Etotal-Ai/Atotal)2/2)
Gini
inequality
sort data: Ei/Ai>Ei-1/Ai-1
ZGini ≥ 1-Σi=1..N((2*Σk=1..i(Ek)-Ei)*Ai)/(Etotal*Atotal)
EU
inequality
1:a = (1-ZGini)/(1+ZGini) is the SOEP “equality parameter”
therefore: ZEurope = 2*ZGini/(1+ZGini)
Plato
inequality
inverse functions:
Zsym = 1-((1-ZPlato)/(1+ZPlato))ZPlato
Rsym = 2*ZPlato*artanh(ZPlato)
approximation:
fast recursion implemented in onOEI-1.0.5.py
Redistributive
Aggression
RA = (RTheil+RliehT)/2 – ZHoover = Rsym – ZHoover
= Σi=1..N(ln(Ei/Ai)*(Ei/Etotal-Ai/Atotal)|Ei/Etotal-Ai/Atotal|)/2

G. Kluge, 2007

 
Ich hatte einmal für einen befreundeten Soziologen ein Ungleichverteilungsmaß entwickelt. (Siehe “Symmetric inequality” in der Tabelle. Dabei entstand auch www.umverteilung.de, 1995.) Dann fand ich heraus, dass Anthony Barnes Atkinson, Serge Kolm und Henri Theil schon ähnliche Maße entwickelt hatten. Mit meinem Halbwissen (ich bin Ingenieur und kein Sozialwissenschaftler) lag ich also nicht ganz daneben. Immerhin kann ich dem sich über Entropiemaße wundernden Amartya Sen zeigen, warum Entropiemaße nicht “arbitrary” sind. (Die Entropiemaße unter den Ungleichverteilungsmaßen beschreiben eine Redundanz, also - in Anlehnung an die Berechnung der Redundanz RCode=L(C)-H(X) eines Codes in der Informationstheorie - die Differenz zwischen der maximal möglichen Entropie und der aktuell vorhandenen Entropie eines Systems.)

Außerdem glaube ich, dass es eine Ungleichverteilung von Ressourcen gibt, bei der die Aufmerksamkeit (muss das “Neid” genannt werden?) der Menschen für Ungleichverteilung ein Minimum erreicht. In den skandinavischen Ländern liegt die Ungleichverteilung der Einkommen in der Nähe dieses Minimums (das, wirklich sehr vereinfacht gesagt, bei einer Hoover-Ungleichverteilung um die 0,3 herum auftritt). Den Begriff “redistributive Aggression” möge man mir bitte verzeihen. Ich meine damit die symmetrische Theil-Redundanz abzüglich der Hoover-Ungleichheit.

  • Die Theil-Redundanz ist angelehnt an die statistische Physik mit einem völlig stochastischen Verteilungssprozess ohne jede steuernde Intelligenz.
  • Die Hoover-Ungleichheit basiert auf einem aufwandsminimierten Ausgleichsprozess.

Beiden Maßen ist der Term “Ei/Etotal-Ai/Atotal” gemeinsam. Interessant ist der Unterschied in der Behandlung dieses Terms.

Eigentlich kommt man mit dieser Differenz zwischen der symmetrischen Theil-Redundanz und der Hoover-Ungleichheit dem nahe, was uns auch ohne Rechnerei klar ist.

  • Bei zu kleiner Ungleichverteilung vermuten wir Ungerechtigkeit, weil es z.B. für unterschiedlich große Leistungen keine ausreichend unterschiedlich großen Einkommen gibt.
  • Bei zu großer Ungleichverteilung vermuten wir Ungerechtigkeit, weil es z.B. für unterschiedlich große Einkommen keine ausreichend unterschiedlich großen Leistungen gibt.

Die Erfahrung zeigt, dass es eine moderate Ungleichverteilung gibt, die dann in der großen Mehrheit der Gesellschaft kein Thema ist, mit dem Zeit für Diskussionen verschwendet werden muss. Das ist hilfreich, denn es bleibt dann mehr Zeit, die Werte zu schaffen, die man braucht, um überhaupt etwas verteilen zu können.

 
Lesetip zu Ungleichverteilungmaßen in der experimentellen Wirtschaftssoziologie:

  • Yoram Amiel (Autor), Frank A. Cowell: Thinking about Inequality: Personal Judgment and Income Distributions, 2000

 

(Bekannter als die Ungleichverteilungsmaße von Theil und Hoover ist das Maß von Gini. Ein Hinweis dazu: Für Deutschland findet man beispielsweise Angaben für die Einkommensverteilung überhalb von 0,2 (bzw. 20%) und 0,4 (bzw 40%). Das kann ja wohl nicht sein. Es kommt wohl immer wieder vor, dass die Fläche unter der Lorenzkurve durch die Gesamtressourcen geteilt wird. Die Division durch 0,5 (bzw. die Munltiplikation mit 2) wurde dann wohl vergessen. Wenn man “den Gini” ausrechnet, sollte man halt einmal ausprobieren, ob das verwendete Rechenverfahren für hohe Ungleichverteilung an 1 (bzw. 100%) herankommt. – Der “Gini-Koeffizient” für die Einkommensverteilung liegt in Gesellschaften wie der deuteschen, britischen und amerikanischen schon seit langer Zeit überhalb von 0,4 (40%). Über 0,6 (60%) wird die Umverteilung übrigens ziemlich unfriedlich.)